Erdgeschoß:
Kulturgeschichte der Farbe Blau
Die gute alte Bibel kennt kein eigenes Farbadjektiv für Blau und umschreibt unsere Lieblingsfarbe lediglich metaphorisch mit den Begriffen Saphir und blauer Purpur. Heute verbinden wir Purpur mit einem rotvioletten Farbton. Doch vor wenigen Jahren gelang der Nachweis eines in der Antike tatsächlich gewonnenen blauen Purpurs. Raum 1 zeigt echten blauen Purpur und erzählt, wie diese wertvollste aller Farben als Kleidung religiöser Figuren dargestellt wurde, insbesondere bei der Muttergottes Maria. Weitere Exponate dieses Raumes erklären die Bedeutung der Farbe Blau im Judentum und im Islam, bis hin zu vielen anderen blauen Göttern, Geistern, Engel und Dämonen.
Indigo war über Jahrtausende hinweg der einzige licht- und waschechte blaue Farbstoff für Textilien. In Europa wurde er lange aus dem Färberwaid (Isatis tinctoria) hergestellt und war sehr wertvoll. Importe des schöneren indischen Indigos aus Indigoferra tinctoria seit dem 18. Jh. ließen seinen Wert sinken. Schließlich sorgte der synthetische Indigo im 19. Jh. dafür, dass alle Menschen ein schönes Blau tragen konnten. In den 1950er Jahren wurden indigoblaue Arbeiterhosen wieder modern und eroberten als Blue-Jeans altes Terrains zurück. Der Raum zeigt zahlreiche Porträts in Indigo gekleideter Menschen, eine kleine Sozialgeschichte der Farbe Blau, sowie Ritter, Soldaten und Polizisten. Es wird über das Blaufärberhandwerk und den Blaudruck informiert und es werden die Redewendungen erklärt, die einst in diesem Umfeld entstanden: blaumachen, Blauer Montag, Blaues Wunder.
Das Metall Kobalt verdankt seinen Namen den Kobolden, die im Mittelalter das als wertlos angesehene Kobalterz verhext haben sollen. Doch im Orient wurden blaue Kobaltsalze schon vor Jahrtausenden zum Färben von Glas, Emaille und Keramik verwendet, wie unser Vitrinen zeigen. Es ist bis heute als extrem hitzestabiles Pigment unentbehrlich und prägt unsere Alltagskultur vor allem als beliebteste Farbe für Porzellan. Dieses wurde einst in China in einem blau-weißen Dekor hergestellt und als Luxusartikel nach Europa exportiert. In Delft und anderswo imitierte man China-Porzellan mit Fayencen, ehe Anfang des 18. Jahrhunderts europäisches Porzellan neu erfunden (Meissen) und weiter entwickelt wurde (u. a. Sevres).
Einst wurde Ultramarin aus echtem Lapislazuli gewonnen, das ausschließlich aus Afghanistan stammte. Die Handelswege über Schwarzes Meer und Mittelmeer bescherten ihm den Namen Ultramarin. Dieses Pigment stellte über Jahrtausende hinweg die schönste blaue Farbe dar und wurde in der Malerei nur sparsam und prominent verwendet. Um 1830 gelang die Synthese des Ultramarins, so dass dieses leicht rotstichige Pigment allgemein verfügbar wurde. Künstler wie Yves Klein, Hans Peter Reuter oder Emil Schumacher machten es gar zu ihrer Obzession. Weitere Künstlerpigmente werden in diesem Raum vorgestellt wie Azurit und Berlinerblau.
Obergeschoss: Naturkunde der Farbe Blau
Das Obergeschoss wurde besonders auch für junge Besucher humor- und liebevoll eingerichtet. Auf der Treppe finden sich blaue Insekten, gefolgt von blauen Vögeln und weiteren zoologischen Besonderheiten. Die Botanik ist Thema in einem nächsten Raum, wo auch die Blaue Blume der Romantik gefunden werden kann. Auf dem Weg zurück finden sich Räume zu anorganischen Naturphänomenen: ein klimatisiertes Zimmerchen zum Thema Kälte, eine Kajüte zum Thema Wasser und Matrosen, ein Spuk-Zimmer mit kleinem Observatorium, eine Biedermeierstube zur Blauen Stunde und der große Raum zu den Themen Himmel, Cote d’Azur und blaue Grotte.
In dieser ehemaligen Werkstatt im Hof wird das Thema Blau als sprachlicher Begriff untersucht. So steht „blau“ im Deutschen für „betrunken“, im Englischen jedoch für „traurig, melancholisch“. Im Russischen ist „blau“ (goluboi) gar ein Synonym für homosexuell. In diesem Raum findet sich auch die Musikbox des Museums, worin 50 Schlager von 1955 bis 1987 die Symbolik der Farbe Blau besingen, vom deutschen Karnevalslied bis hin zu internationalen Liebesliedern und dem Blues.