


Die blaue Hexennase (Maleficus caeruleus) gilt als besonders hässlicher und auch sehr giftiger Pilz. Neueste Untersuchungen der Universität der Stadt Bamberg (berühmt für ihre vielen mittelalterlichen Hexenprozesse) konnten jedoch keinerlei Gift in ihm feststellen. Seine blaue Farbe aber, wie auch seine Hässlichkeit suggerieren intuitiv eine gefährliche Ungenießbarkeit. Dies ist freilich nur ein hartnäckiger Aberglaube. Die blaue Hexennase ist ein an Baumstämmen wachsender Knollennasenpilz, der mit seinem kegelförmigen Fruchtkörper bis zu 15 cm vom Baumstamm abstehen kann. Dieser ist meistens wie eine Nase gekrümmt und von warzenartigen Wucherungen übersäht. Die blaue Farbe kann auch an eine Säufernasernase erinnern. Der oft von Schneckenfraß befallene Pilz zeigt an seiner Unterseite häufig größere Löcher, die realistisch an Nasenlöcher denken lassen.

Berühmt und berüchtigt ist der rote Fliegenpilz, nahezu unbekannt ist der Blaue Fliegenpilz (Amanita caerulea) mit seinen weißen Flocken auf dem Hut. Dieses sehr kleidsame Outfit erinnert an klassische Blau- bzw. Schürzendruckstoffe, die bis Anfang des 20. Jahrhunderts die ländliche Damenmode prägten. Auch er ist giftig. Sein Gehalt an psychotrop wirksamem Muscimol machte ihn schon im Mittelalter als Magic Mushroom beliebt. Während der Rote Fliegenpilz vor allem halluzinatorische Fluggefühle hervorrufen kann und in seiner Wirkung mit LSD und anderen Delirantien vergleichbar ist, gilt unser Blauer als vergleichsweise harmlos. Er besitzt eine leicht euphorisierende Wirkung, fördert romantische Gefühle und steigert die Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit und ist deshalb vor allem bei einsamen Menschen jeden Alters als Nachmittagstee sehr beliebt.

Der große Gespensterpilz ist lediglich in schottischen Hochmooren belegt, der kleine aber auch bei uns (Daemonium minor). Der ganze Pilz hat eine bläuliche Farbe und trägt einen haubenförmigen Hut, so dass er bereits bei Tageslicht die Anmutung eines kleinen Gespenstes besitzt. Beide Varianten gehören zu den Hallimaschen, die bekannt sind für ihre Biolumineszenz. Diese wird bei den Gespensterpilzen aber nicht im Myzel, sondern direkt im Fruchtkörper gebildet, der reich an den Enzymen Luciferin und Luciferase ist. In Sommernächten leuchtet er blaugrün wie ein Glühwürmchen und entfaltet so seine ganze Spukhaftigkeit, die seit Jahrhunderten den Aberglauben inspirierte. So vermutete man hier – wie bei den Irrlichtern – die unerlösten Seelen von Verstorbenen, von Menschen die keines natürlichen Todes starben oder selbst Mörder gewesen sind.